1868 gründete der Frankfurter Verleger August Ravenstein im „Alten Feldberghaus“ die erste deutsche Touristen-Vereinigung, den „Bund der Feldbergläufer“. Der Verein nannte sich jedoch bald „Taunusklub“ und sah sich nicht nur als Wanderverein, sondern seine Mitglieder bauten auf vielen Berggipfeln Aussichtstürme, errichteten Schutzhütten, legten Wege an und markierten sie.
Als besonders wichtig erwiesen sich die sozialen Dienste des neuen Klubs. Man versorgte notleidende Menschen im Hoch- und Hintertaunus mit Kartoffeln und Saatgut, man installierte eine Korbflechterschule in Grävenwiesbach, und die Lehrerin Emilie Seipp aus Frankfurt lehrte Frauen aus Ober- und Niederreifenberg und Arnoldshain die Filet-Kunst.
Im Jahr 1883 erschien unter dem Titel „Fünf Dorfgemeinden auf dem Hohen Taunus“ eine sozialstatistische Untersuchung über Kleinbauerntum, Hausindustrie und Volksleben. Die Arbeit ist eine Dissertation des Frankfurter Privatgelehrten Gottlieb Schnapper-Arndt. Mit großem Fleiß hat er Material über die Verhältnisse in den Ortschaften Ober- und Niederreifenberg, Arnoldshain, Schmitten und Seelenberg gesammelt und ausgewertet. Auf 200 Seiten erhält man ein genaues Bild vom Leben und Schaffen der Hochtaunusbauern, der Heimarbeiter und der Nagel- und Nadelschmiede. Die Angaben beziehen sich meist auf das Jahr 1880 oder 1881.
Die Fläche des untersuchten Gebietes war aufgeteilt in 14% Ackerland (die Hälfte davon Kartoffeln), 16% Wiesen, 1% Weideland und 66% Wald, die restlichen 3% das Dorf.
1870 gab es im Kreis Usingen, zu dem damals auch die Hochtaunusdörfer gehörten, 291 Nagelschmiedemeister und Gesellen. Zur Herstellung eines Schuhnagels waren 25 Schläge mit einem zwei Pfund schweren Hammer nötig.
2.500 Stück sind das Tagesmittel für einen Arbeiter. Morgens um 5:00 Uhr wurde mit der Arbeit begonnen, von 8:00 - 9:00 Uhr war Frühstückspause, von 12:00 - 13:00 Uhr Mittagspause, und dann ging es bis abends 19:00 Uhr weiter. Ein Geselle verdiente etwa 1,45 Mark am Tag.
1878 waren von 200 weiblichen Einwohnern über 14 Jahren in Arnoldshain 101 mit Filetarbeiten beschäftigt. 55 Pfennige war das Tagesmaximum für eine sehr anstrengende Tätigkeit, die oft bis in die Nacht ging.
In Niederreifenberg waren 1876 von 65 Kindern über neun Jahren 58, von 60 Kindern zwischen sechs und neun Jahren 34 mit dieser Arbeit beschäftigt (neben dem Schulunterricht). In Schmitten verdienten die 53 beschäftigten Kinder zwischen sechs und zehn Jahren bei sechs- bis siebenstündiger Arbeitszeit durchschnittlich 14 Pfennige.
In Arnoldshain gab es 109 Häuser für 698 Einwohner, 540 Personen schliefen und wohnten in Wohnungen, die nur aus EINEM Raum bestanden. 394 Menschen hatten zu fünft einen Raum zum Schlafen und Wohnen. 4,20 Meter auf 4,80 Meter galt schon als ein selten großer Raum. Gottlieb Schnapper-Arndt sagte, die meisten Häuser des Hochtaunus seien „Einraumhäuser“. Oft waren es Doppeleinraumhäuser, man ersparte sich eine Wand.
Aus dem Jahresbericht des Taunusklubs von 1895 geht hervor, dass der Klub 33 Orten im Taunus mit Sachspenden helfen musste, mit Speise- und Saatkartoffeln, Gerste, Fett, Brot, Erbsen, Linsen und Reis. Aber auch mit Bargeld zum Ankauf von Ziegen, Bettzeug, zum Begleichen von Mietschulden und vielen anderen Dingen half der Klub.
Heute, 2023, hat Reifenberg 3.700 Einwohner. Es liegt zwischen 534 und 770 Meter über Meereshöhe (müM) und ist damit der höchstgelegene Ort im Taunus.
Vier weitere Hochtaunusdörfer liegen über 500 m Meereshöhe: Seelenberg 584 müM (566 Einwohner), Treisberg 535 müM (151 Einwohner), Glashütten 507 müM (1500 Einwohner) und Arnoldshain 504 müM (2050 Einwohner).
Wer aber etwas über Reifenbergs Rittertum und mehr über die 1.000-jährige Geschichte von Ober- und Niederreifenberg erfahren möchte, den verweise ich auf Bernhard Kärtners Internetseite Philipp Ludwigs Erben, „Reifenberger Chroonigg“ (Chronik). Sie befindet sich zur Zeit (September 2023) im Umbau.